Trocken in Kopenhagen
Von Rügen nach Flensburg werden wir segeln. An Bord sind 6 junge Erwachsene mit Krebs. Statt zu relaxen und in Watte gepackt zu werden, wollen sie das Leben spüren, und wo ginge das besser als in einer ungewohnten, neuen Umgebung und mit anderen Betroffenen. Beim Segeln werden sie einigen Herausforderungen begegnen, und damit umgehen lernen.
Der Plan
Unser Schiff haben wir in Breege auf Rügen übernommen und sind bereits am ersten Tag bis nach Klintholm gesegelt. Danach ging es weiter nach Kopenhagen und jetzt liegen wir im Nyhavn – mitten in der Stadt. Geplant war nun weiter nach Norden zu segeln, kurz Schweden zu streifen, und dann weiter nach Westen durchs Kattegat, über Middelfahrt und Sonderborg unserem Ziel entgegen.
Pläne, das wissen wir alle, sind eben nur Pläne. So wie das Leben nicht jeden unserer Pläne mitspielt und uns manchmal mit anderen Wegen oder Hürden überrascht, so ist es auch beim Segeln. Der Wetterbericht sagt nichts gutes voraus. Was heißt hier überhaupt Gutes? Statt wärmender Frühlingssonne, wurden wir mit einem kalten Wind und Temperaturen von etwa 5-9° C empfangen – was sich durch die hohe Luftfeuchtigkeit am Meer irgendwie viel kälter anfühlt.
Sei’s drum, wir sind ja nicht aus Zucker. Nur dass dazu auch noch ein recht kräftiger Wind aus Westen, wo wir ja auch hin segeln wollen, kommt, das wirft einige Pläne durcheinander: Im Kattegat wird es zu stürmisch und die Häfen, in denen wir Schutz und Erholung suchen könnten, sind rar. Deswegen segeln wir einen Teil wieder zurück nach Süden und werden uns die nächsten Tage durch die dänische Südsee und Inselwelt schlängeln. Wind und Wetter wird es dort auch noch reichlich haben, nur eben nicht ganz so dicke. So der neue Plan.
Stimmung an Bord
Unsere 12-köpfige Crew ist natürlich mit allen Wassern gewaschen. Die 6 rebellischen Teilnehmer sind: Elena, Eva, Hauke, Livia, Hauke und Rebekka. Hinzu kommen je zwei Skipper für unsere beiden Schiffe (Ariele und Dijana) sowie Anna und Lars vom NDR, die eine 30min TV-Doku über den Törn und das Thema junge Erwachsene mit Krebs machen werden.
Der erste Tag fing recht beschaulich mit der Ausfahrt aus dem Bodden an. Als wir dann das offene Meer erreichten, sich Wind und Welle dazugesellten, kam dann auch die Übelkeit auf’s Schiff, wobei immerhin niemand ernsthaft Seekrank wurde! Hilft alles nichts, wer segeln will muss manchmal auch kleine Opfer bringen. Also raus mit dem guten Frühstück, damit langsam die Seebeine wachsen und alle mit Freude segeln können.
Des Skippers Segelgarn
Wie soll man es beschreiben? Das Meer glitzerte und wiegte unser Schiff sanft. Von links nach rechts bewegten wir uns in seinem Takt. An und wann kam eine Welle, die uns hochhebte und wieder ins Tal rauschen ließ. Das Wasser am Heck gurgelte wie tausend Sektperlen mit Ahoibrause. Der frische Wind strich durch die Segel und unser Schiffchen nahm Kurs gen Norden. Angetrieben von der Kraft des Windes uns ein wenig Physik. Wie ist es, dieses Gefühl der Freiheit auf dem Meer, wenn am Horizont Meer und Himmel sanft verschmelzen und unendlich erscheinen? Soll man es überhaupt beschreiben, oder lieber dazu aufrufen es selbst zu erleben?
Es beruhigt und lässt alles vergessen, das nicht den Moment bestimmt. Kein Termin und keine Zeit, die gegen uns spielt, denn unser Kurs liegt an und wir werden irgendwann ankommen. Wir sind eins mit der Natur und vertrauen uns ihr an.
Blablabla… klingt so schnulzig, dass es fast schon weh tut. Und dennoch, irgendwie ist es dann doch so. Jedenfalls wussten wir alle nicht mehr so genau, welcher Wochentag denn gerade ist. Und mit diesen Eindrücken segelten wir dann erst nach Klintholm auf der Insel Mon. Donnerstag haben wir nach etwa weiteren 8 Stunden Kopenhagen erreicht und damit den ersten großen Zwischenstopp. Trotz mancher Übelkeit freuen sich alle auf den nächsten Tagen, sind stolz auf die bisherige Strecke und dass sie es geschafft haben. Trotz Chemo, trotz Krebs, trotz mancher Einschränkungen und den vielen Zweifeln.
Die Zweifel sind damit abgehakt und wir melden uns in Kürze wieder…
Segeln soll unseren Teilnehmer neuen Lebensmut, eine Perspektive für die Zukunft und vor allem viel neues Selbstbewusstsein vermitteln. Denn junge Erwachsene werden nach der Therapie gerne vergessen, zwar nicht bewusst, aber dennoch passiert es. Sie seien ja jung und vital, könnten mit ihren „neuen“ Problemen nach der Therapie schon selbst fertig werden.
So einfach ist es leider nicht, und deswegen engagieren wir uns für dieses Problem.
Falls du die Möglichkeit hast, uns mit einer Spende zu unterstützen, hilft uns dies sehr um weitere Segeltörns organisieren zu können!