Rebellen auf Abwegen
Zufällig bin ich auf die Webseite von Nico gestoßen: Reisen auf Abwegen.
Der Titel klang schon interessant, aber dahinter verbirgt sich eine echt spannende Geschichte und ein kühner Plan.
Seine Reiseroute soll ihn auf Abwegen, also fern der üblichen Routen, in entlegene Krisengebiete bringen. Wenn wir in den Nachrichten von Boots-Flüchtlingen lesen, dann versuchen diese auf eben jenen Routen, das sichere Europa zu erreichen. Nico will diese Routen in der entgegengesetzten Richtung antreten.
Im ersten Moment sagt man sich, das wird gefährlich werden – Piraten und andere Halunken treiben sich dort doch rum. Zur Entwarnung: Von Piraten habe ich in Ländern wie Äthiopien, dem Libanon, Sudan oder dem Iran noch nichts gehört. Und Halunken? Naja, Halunken gibt es überall auf der Welt. Wer in eine arme Region reist, in ein Gebiet das von Krisen gebeutelt ist, trifft oft auf verunsicherte Menschen. Was will der Fremde, gutes oder böses? Da ist es wichtig, sich offen und selbstbewusst zu zeigen, respektvoll, friedlich und neugierig, die Menschen und ihre Geschichte kennenzulernen.
So wie ich Nico bisher kennnegelernt habe, wird er das ohne Probleme hinbekommen.
Im zweiten Moment muss man aber zugestehen, dass solch eine Reise auch nicht ohne ist. Dort wo es den Menschen am Nötigsten fehlt, herrscht oft Selbstjustiz: Was du hast und ich brauche, das nehme ich mir – notfalls mit Gewalt. Darauf muss man vorbereitet sein, und Begehrlichkeiten abwehren können.
Das Projekt Reisen auf Abwegen hat aber auch ein ehrenwertes Ziel, dem Respekt gebührt. Vor Ort will Nico die tatsächlichen Verhältnisse erleben und dokumentieren. Sein Ziel verstehe ich so, dass er eine Tür öffnen möchte, damit ihm andere Folgen und wir die Augen nicht vor den Widrigkeiten in den Krisensituationen verschliessen. Denn die Wahrheit sieht doch aktuell so aus, dass die Nachrichten nur an der Oberfläche kratzen und sich auf das politische Blabla und die ökonomischen Folgen für den Westen beschränken. Schreckensbilder verschrecken den Zuschauer, und positive Berichte machen die Schlagzeile zunichte. Wenn Nico es schafft, seine Reportagen offen und transparent darzustellen, dann kann er damit eine Tür öffnen, die bisher
verschlossen ist.
Als Segelrebellen wollen wir die Augen auf junge Erwachsene mit Krebs richten. Aber nicht die Erkrankung als Krise steht im Vordergrund, sondern die positive Entwicklung für das eigene Leben, die sich an die Therapie anschließt. Mit den Segelreisen geben wir den Teilnehmern einen Schlüssel in die Hand, mit dem sie eine Tür öffnen können. Dahinter verbirgt sich die Erkenntnis, dass das große Pech der Erkrankung auch eine Option für einen Neuanfang und eine Neuorientierung ist. Statt sich mit der Vergangenheit und Fragen ohne Antworten zu quälen, ergibt sich plötzlich eine Zukunft, ein Plan und eine Perspektive.
Du bekommst eine Chance aufgezwungen. Die Chance, deinen Lebensweg und deine Ziele zu überdenken. Nur wenigen bietet sich dieser Resetbutton.
Und da sind wir mit Nico auf einer Linie, und ernennen ihn nun zum Reiserebellen – Glückwunsch!