Bord-Telegramm 2. Tag
Nach einem ausgiebigen Frühstück und kurzer Bord- wie Sicherheitseinweisung, legen wir ab. Es geht los, der Törn, die Jungfernfahrt startet. Es geht raus über den Kanal, in den Golf de Fos. Wir hangeln uns entlang an dem Fahrwasser der Containerschiffe, vorbei an verschiedenen Kardinaltonnen. Bei der Tonne Lavera: „Seht ihr welche Nummer die nächste Fahrwasser-Tonne hat?“ Alle richten ihren Kopf steuerbord voraus. Und schon fliegt ein Rettungsring über Bord… „Rettungsring über Bord – ohje, was tun?“ Fragende Blicke, keiner weiß Bescheid. Gut, Anna steht am Steuer und erhält Instruktionen, wie wir die Situation lösen und weist die Crew an.
So geht es den ganzen Tag weiter. Der Wind lässt uns im Stich, aber die Sonne erwärmt uns alle. Segel raus, Vollzeugs. Im nächsten Moment: „Ich glaube Sturm kommt auf, wir müssen schnell reffen.“ Also Segel reffen. Das Kommando und die Positionen wechseln durch, so dass jeder mal alle Situationen erlebt hat und bereit ist, die Initiative zu übernehmen. Schnell werden die Ansagen routiniert und alle grinsen ein wenig.
Auf dem Weg nach Marseille machen wir Brotzeit. Brot mit Käse, Tomaten und etwas Salami… das Leben ist schön. Der Wind streicht um die Nase, die Sonne steht über uns und das Wasser gurgelt am Schiffsrumpf – wenn nur der Dieselsound nicht wäre. Bevor der Müßiggang unerträglich wird, springe ich mit dem Peilkompass an Deck und wir machen ein paar Kreuzpeilungen, um unsere Position auf der Karte zu finden. Gelingt sofort.
Die Einfahrt in Marseille ist beeindruckend. An Steuerbord die Felsen und an Backbord die Wehrfestung. Dahinter verbirgt sich der Vieux Port, ein riesiger Hafen mit sicher 1000 Liegeplätzen. Wir fahren etwas über die Mitte hinaus und legen am Ankunftssteg der Societe Nautic Marseille an, hier sieht es gemütlich und doch zentral aus. Ein wahrer Treffer. Das Personal ist freundlich, spricht auch ein wenig deutsch und bestaunt auch unseren „f*ck cancer – go sailing“ Banner.
Das Boot zum Liegeplatz verbracht, Anleger-High-Five für die Crew und dann holen wir auch schon Andrea an der Metro-Station ab. Läuft alles wie am Schnürchen.
Morgen ist Hafentag, und gegen 18:00 sollten wir uns aufmachen, denn für Samstag kündigt sich schon schlechtes Wetter an. Bis dahin wollen wir bei vorausgesagten 20 Knoten Wind den Löwengolf queren, und vor dem Starkwind in Roses oder Port Vendres ankommen. Ab Sonntagmorgen wäre Mistral vorhergesagt.
Bevor wir uns durchbeißen, noch Energie tanken in Marseille.
Morgen wird es einen Crew-Blogbeitrag geben…